Zeichnung / Malerei
Zu den Arbeiten "In Schwebe", Essingerhaus Mödling, Mai 2023
Die Zeichnungen sind durch eine Leichtigkeit in der Gestik, einem "Schweben" beim Auftragen der Tusche auf das Papier, entstanden. Die Bildkomposition - vorab nicht festgelegt - war so lange in Schwebe, bis alle Gestimmtheit und Schwung aus meinem Inneren den Weg auf das Blatt gefunden hat, in einem Wurf.
Wenn vom Betrachten des ganzen Blattes zum fokussierten Erkunden einzelner Details gewechselt wird, könnte man diese gedankliche Neuorientierung als Moment "in Schwebe" bezeichnen. Diese Landschaften entziehen sich der Rezipierbarkeit durch herkömmliche Sehgewohnheiten und wollen im Detail erforscht werden.
Zeichnung / Malerei /Autographen
Virtuelle Ausstellung (12.) Galerie Michaela Seif, Perchtoldsdorf, Februar 2022
Andrea Schnell bevorzugt altes (aus der Zeit bis etwa 1920) und - wie sie sagt - „gelebtes“ - Papier: „Diese Art von Papier ist für mich eine fragmentarische Verbindung zu Lebensgeschichten mir unbekannter Personen aus vergangenen Zeiten. Handgeschriebene Briefe, Dokumente, Notizen, Kritzeleien inspirieren mich zur Weiterbearbeitung in sehr persönlichem Kontext.
Meine Bildfindungen sind keine verkopften/konzipierten Antworten auf Inhalte sondern entstehen spontan und intuitiv aus der ganzheitlichen Erfassung des Papiers heraus, wobei das Schriftbild eine große Rolle spielt.“
Die Künstlerin kann der Ästhetik dieser Papiere sehr viel abgewinnen. Mit seinen Rissen und ausgefransten Rändern, den Flecken, Verfärbungen oder geklebten Stellen wird es besonders interessant. Es steht „die alchimistische Komponente des Papiers“ für sie „in direktem Zusammenhang mit dem Dargestellten“.
Nicht nur das verwendete Papier selbst, auch die jeweils fertige Arbeit zeichnet sich durch hohe Fragilität aus.
Für die Serie „Kontemplative Landschaften“ hat die Künstlerin zarte Schriftbilder alter Briefe durch Bilder innerer Landschaften, die sie dann auch entsprechend benennt, ergänzt. Jeweils zwei gerahmte Blätter bilden eine Gruppe und können nur gemeinsam erworben werden.
Michaela Seif
Zeichnung
Ausstellungseröffnung "Zustände & Emotionen" in der Ärztekammer, Wien, Februar 2019
Für mich ist Andrea Schnell nicht einfach nur eine besonders interessante Zeichnerin. Eine, die mit Feder und Tusche Erlebtes und Erfühltes auf Papier bannt. Ihre Figuren sind nicht nur Figuren, die irgend eine lineare Geschichte erzählen. Denn Andrea Schnell schafft mit ihrer ganz persönlichen Linienführung - die zwischen Abstraktion und verworrener Figürlichkeit pendelt - eine ganz eigene Gefühlswelt in der es doppelbödig menschelt.
Andrea Schnell gestaltet aus einem nur scheinbar chaotischen Liniengewirr ihr sehr persönliches Menschen- und Frauenbild. Eines, das vor allem dem Unbewussten emotionalen Lauf läßt, geheimnisvoll und sensibel ist, ironisch und hintergründig, aber auch nervös und verunsichert - stark und schwach zugleich. Die Betrachterin/der Betrachter wird so in eine ganz persönliche, nachvollziehbare, nacherahnbare Erlebniswelt entführt und erkennt und erfühlt mit diesen essenziellen Zeichnungen eigene subjektive Assoziationen gegenüber unserer durchaus verworrenen Alltäglichkeit. Andrea Schnell schafft es, mit jedem Strich ihr Publikum in das Dargestellte einzubeziehen, mitzunehmen und in seine eigene assoziative Gefühlswelt zu entlassen. Das ist ihre besonders hervorzuhebende Alleinstellung in der österreichischen Zeichnung. Ich traue mich sogar zu sagen: sie ist eine elementare Zeichnerin.
Manfred Lang
Zeichnung / Monotypien
„Alter Ego – Herzstücke” Kunsthaus Horn 2003 „Körperzeichnungen – Landschaften” über Kohlepapier (Monotypien)
Andrea Schnells „Körperzeichnungen” entstehen nicht als Studien nach einem Modell, sondern nach einer inneren Vorstellung. Es ist auch keine physische Körperlichkeit gemeint, die naturalistisch wiedergegeben wird, vielmehr geht es um eine bestimmte Symbolik und eine emotionale Komponente. Was auf dem Papier entsteht, ist ein Konturieren dessen, was an innerer Vorstellung und subjektiver Empfindung vorhanden ist. Die Zeichnung entspringen einer von innerer Bewegtheit ausgelösten Motorik. Verzeichnungen, Vergrößerungen, Streckungen, Quetschungen haben in diesem Sinn eine psychische Dimension. In jedem Fall entsteht ein Eindruck von Bewegtheit, die sich nicht nur auf die Bewegung des dargestellten Körpers bezieht, sondern auf die psychische, emotionale Bewegtheit der Künstlerin. Die Gestalten sind Spiegelungen ihrer Stimmungen, sie beschreiben Seelenzustände. Die psychische Energie, aus der die Zeichnungen entstanden sind, überträgt sich auf den Betrachter, geht sozusagen auf den Betrachter über.
Eine Interpretationshilfe gibt uns die Künstlerin in den Arbeiten, in denen sie der eigentlichen Hauptfigur einen Nebendarsteller beigesellt, einen kleinen Gnom, der scheinbar, wie mit einer Nabelschnur mit der Hauptdarstellerin verbunden, Auskunft gibt über deren Konstitution. Diese Nebenfigur wird zum emotionalen Bezugsystem für die Zeichnung, sie ist ihr Stimmungsbarometer. Sie ist aber auch Ausdruck der Selbstkontrolle, der die Künstlerin unterliegt, denn sie beobachtet sich beim Zeichnen und hält diese Beobachtung in der Nebenfigur fest.
Die gezeichneten Gestalten sind auch die Protagonisten einer persönlichen Mythologie der Künstlerin, Archetypen ihrer subjektiven Empfindungen und Erfahrungen: von Freude, Glück, Trauer, Angst und Sehnsucht. Daß sich zu den antropomorphen Gestalten Elemente der Landschaft gesellen oder eine Zeichnung „Landschaft” benannt wird, steht zu dem bisher gesagten in keinem Widerspruch: Spricht man doch von „Seelenlandschaften”. Denn immer schon sind Landschaftsbilder Sinnbilder für psychische Gestimmtheiten, für Emotionen und Temperamente. Der Künstlerin ist bewusst, dass sie in diesen Zeichnungen viel von sich selbst preisgibt und jede von ihnen ein sehr persönliches Bekenntnis darstellt. Nicht umsonst heißt es, „Zeichnung” als Wort wäre mit dem „Zeichen” verwandt: Die Zeichnung gilt als ein unmittelbares, nicht selten psychogrammatisches Notat des Zeichners, der Zeichnerin.
Andrea Schnell zeichnet nicht direkt auf dem weißen Papier, sondern auf darüber gelegtem Kohlepapier, wobei sich der Strich auf dem Kohlepapier auf das darunter liegende Blatt überträgt. Während des Zeichnens dreht und verschiebt sie das Kohlepapier, hebt es ab, um Ergebnisse zu sehen, legt es wieder auf und führt die Zeichnung weiter, das Gesamte immer nur vor dem inneren Blick, nicht wirklich vor dem Auge. Das Ergebnis hat nichts mit Zufälligkeit zu tun. Die technische Vorgangsweise ist ein Hilfsmittel dafür, ein Bild aus dem Inneren zu schöpfen. Dabei geht die Künstlerin ihrer Emotion nach, die dieses Bild ausgelöst hat und es begleitet und überträgt diese Emotion schließlich in der Strichführung auf das Papier. Indem sie nicht die gesamte Zeichnung sieht, kann sie ungehemmt zeichnen. Die impulsive Direktheit wird durch den Eindruck des Gezeichneten auf dem Blatt, dem Hindenken auf eine Komposition nicht beeinträchtigt. Die Technik des zwischengeschobenen Kohlepapiers scheint noch in anderer Hinsicht aufschlussreich: Korrekturen sind unmöglich. Unbefriedigende Stellen können nur durch Überdecken behoben werden, wobei die Gefahr bestünde das Blatt restlos zu verderben. Die Zeichnung entsteht also in einem Wurf, es gibt kein Weiterarbeiten an einer Komposition, kein Überarbeiten, kein Verbessern: Alles entsteht ungebremst und ungefiltert.
Der Betrachter ist in seiner Wahrnehmungsfähigkeit herausgefordert, denn in seinem Auge, in seiner Erwartung werden die Zeichnungen zu Bildern. Er denkt die Zeichnung weiter und spürt dabei, wie sie sich durch seine Interpretation mit Leben füllt. Die Vorstellungswelten, die den Schöpfer einer Zeichnung und den Betrachter verbinden, hat der italienische Künstler Andrea Fogli in treffende Worte gefaßt. Sie scheinen auch den zeichnerischen Kosmos von Andrea Schnell zu umreißen: „Ich glaube manchmal, dass Zeichnen so etwas ist wie Blicke und Personen ans Licht zu ziehen. Auch Zustände, die sonst keine Materialität oder Sichtbarkeit besitzen, ein Volk von Figuren also zu beschreiben, das still in uns und um uns herum wie ein heimliches Pantheon der Gottheiten unserer gemeinsamen und persönlichen Psyche lebt.”
Dr. Andrea C. Fürst
Malerei
Spontane Einflüsterungen oder Drama der Damen
„Nachtstücke” – Katalog Malerei 2010
Unterbewusstes als inspirierende Nachtseite der Vernunft
Es geht nicht um die Erfahrung von Dunkelheit der äußeren Welt. Nächtliche Wesen drängen sich aus dem Inneren der Künstlerin Andrea Schnell aufs Zeichenblatt wie Klecksfiguren. Es wäre einfach, deren Entstehung allein als spontan auftretende künstlerische Schöpferkraft aus dem Unbewussten zu erklären. Die Nacht in die innere Finsternis spiegeln, hieß bislang in der Psychoanalyse, den Abstieg zurück zur eigenen primitiven Phase, eine Art Prähistorie der Kindheit als geheimnisvollen Höhlengang zu beschreiten. Das gefürchtet Finstere mit Wesen als inneres Ausland bevölkern, bewirkt, dass sie spontan herausflitzen, als ob sie das Papier gleich wieder verlassen möchten, um sich im nächsten Augenblick schamvoll zu verbergen. Schnell beschreibt sie jedoch als Ergebnisse ihrer Verbindung zum Transzendenten, das bedeutet aber nach oben hin und nicht nur aus den Tiefen der Seele. Die Mischwesen bestehen aus eigenen Persönlichkeitsanteilen oder Empfindungen und ganz Fremdem, Unheimlichem.
So tritt eine „Frau Kafka” als an einen Käfer erinnerndes Wesen mit einem schildförmigen weißen Hut auf, die Arme und Beine suggerieren Krabbeln, die Augen über sinnlich schweren schwarzen Lippen sind starr (vor Furcht über die Erkenntnis zum Mischwesen verwandelt zu sein?). Dieser weibliche Gregor Samsa steht bei Schnell für das Lebensspendende und gleichzeitig Verschlingende. Das sind tatsächlich altägyptisch-dualistische Beschreibungen für Naturgötter. Auch Doppelwesen des Traums, aber als gegensätzliche Alter Egos vielleicht auch Zeichen zurückgehaltener Gefühle, die kurz vor einer Explosion nach außen stehen. Erst nach ihrem Verlassen aus dem Inneren, mit Hilfe eines zuerst zufällig agierenden Handstreichs, können sich die Figuren selbst behaupten und sind fassbarer als flüchtige Träume in Freudscher Tiefenanalyse (ähnlich der Archäologie, nur als Grabung in die inneren Tiefenschichten) oder Archetypen Jungs. Sie haben Abschied genommen vom dialogisch vorgehenden Unbewussten, das Es ist gebannt und vereint sich mit dem Ich in „Die Schwarze” mit weißem Gesicht in schwarzer Umhüllung. Als Schutz vor dem Umfeld blähen sich die Kleider auf und umranken schützend, die Arme sind dazu eingestemmt in die Faltenwürfe – eine klar selbstsichere Geste. Dramatik ist in diesen Stellungen oft zu finden – es sind Nachfahren von Aby Warburgs „Pathosformeln”, die von den zuletzt gegebenen Titeln als soziales Gedächtnis aktiv werden. Erinnerungen an etwas längst Vergangenes, wieder Aktualisiertes. Die Definitionen eigener Weiblichkeit bekommen Namen aus griechischer und römischer Mythologie und Geschichte wie Nyx, Empusa, Marie Antoinette. Der männliche Kronos ist zweimal auftretender Begleiter der Dramadamen, aber auch Zeitfaktor. Zu denken gibt der verbal angekündigte Vertreibungsversuch der Künstlerin: die figürlichen Spiegelungen, die zum Teil ihr Unterbewusstes freilegen bis zu einer Art peinlicher Entblößung, sollen nun in einen Katalog gebannt werden, weil das Figurale ihr lästig wird, sich aufdrängt, aber sie selbst wieder in abstraktere Malfeder aufbrechen möchte.
Grillen und altägyptische-afrikanische Vielschichtigkeit
Neben der Psychoanalyse, speziell Archetypen des Weiblichen, können die Protagonistinnen auch auf alte Inspirationsquellen im Literarischen verweisen, denn schon die schwarze Ironie der Antike kennt solche widersprüchlichen Wesen als „Grillen”. Das schrille Zirpen ist eine passende Geräuschkulisse für unheimliche Kobolde oder Gnome und fantastische Mischwesen aller Art – über diesen Wesen der „Nachstücke” klingt auch das, was die Künstlerin als „Einflüsterungen” im negativen wie positiven Sinn beschreibt. Stimmen aus der Tiefe, die sich zu Linien auswachsen, ausufern, ein Wegspritzen der Tusche verursachen. So ist der „Unfried” vielfältiger Begleiter der großen Figur, nicht nur störrischer kindlicher Teil des Erwachsenseins.
Ein wenig tierisch oder auch mit tierischer Maske („Empusa”), letztere kann sich auch afrikanischen Ritualmasken annähern („Afrikanisches”), zeigen die Figuren einen Willen zu spontaner Bewegung, wilder Gestik, ab und zu bringen sie eben jene „Nebendarsteller” (Andrea C. Fürst) als Beiwesen mit. Diese Anhängsel und Gegenspieler kommen wie im „Unfried” als schwebende oder tanzende Figur zwischen den Armen einer größeren, zu ihm gebeugten Gestalt daher. Der Tanz erinnert aber an den Slogan „jemandem einen Tango machen”, also ist dieses Alter Ego ungezogenes Kind oder Poltergeist zu einem mütterlichen Part. Mütterlichkeit gibt es auch als „Schutzmantelmadonna”, die weiß und nackt in einem Rankenmantel einen kleinen roten Kerl beherbergt. Rote Kerle oder auch nur rotes Haar weisen oft auf Zornesgewalt als erhitztes Stimmungsbarometer hin. „Über die Wut II” lässt den ganzen Kopf zur brennenden Kugel werden. Das rote Haar „steht zu Berge” bei „Abraxas”. Rote Hüte aber sind oft nur Schutz wie die Kostüme der Protagonistinnen.
Eindeutigkeit haben die Frauenbilder nicht, aber als eine Herkunft ortet die Künstlerin ganz richtig altägyptische Porträts und afrikanische Kunst. Viele Figuren der über mehrere tausend Jahre anhaltenden Kultur am Nil verkörpern Anteile von Tieren zu Menschlichem bis zu göttlichem Geist. Ein Bild steht in der altägyptischen Kunst für verschiedene Zustände des Menschen, körperlich, als Seelenvogel und als schattenhaftes Geistwesen. Zerrissenheit ist noch kein psychisches Phänomen, es gehört zum höchsten Gott der Unterwelt, Osiris, wie seine Auferstehung mit allen wiedervereinten Gliedern im tagtäglichen Wechsel. Der böse Bruder Seth tötet ihn, die gute Schwestergeliebte, die schwarze Isis sammelt seine Einzelteile mit Hilfe der Krokodile aus dem Nil, setzt sie zusammen. Das posthume Kind der beiden ist Falke und Mensch, göttliche Anteile sind in der Schöpfung selbstverständlich da, die späteren monotheistischen Religionen werden diese wandelbaren Ebenbilder des Menschlichen verbieten, bis das Altägyptische als „schmutziger” Rest über die Psychoanalyse wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Doch die Prähistorie ist im 21. Jahrhundert aktueller denn je. Die Erinnerung ließ sich auch durch mächtige Dogmen und patriarchalische Ordnung nicht tilgen, sie fließt in die Kunst wie in die Neurosen ein.
Weiblichkeit bekommen Namen aus griechischer und römischer Mythologie und Geschichte wie Nyx, Empusa, Marie Antoinette. Der männliche Kronos ist zweimal auftretender Begleiter der Dramadamen, aber auch Zeitfaktor. Zu denken gibt der verbal angekündigte Vertreibungsversuch der Künstlerin: die figürlichen Spiegelungen, die zum Teil ihr Unterbewusstes freilegen bis zu einer Art peinlicher Entblößung, sollen nun in einen Katalog gebannt werden, weil das Figurale ihr lästig wird, sich aufdrängt, aber sie selbst wieder in abstraktere Malfeder aufbrechen möchte.
Al khem, die ägyptische Heimat der schwarzen Wissenschaft
Alchemie und die Schwarzkunst
Es gibt in den „Nachtstücken” Andrea Schnells ein technisches Spiel zwischen trockener Kreide, die Feuer, aber auch rote Kleider, Haar und Hüte sichtbar macht, und flüssiger Tusche, von tiefschwarzen Pinselzügen bis zu wässrigen oder mit Radiergummi erzeugten Farbverwischungen. Neben der spontanen Linie sind Braun- und Ockerflächen wie die speziellen Papiere und papierenen Fundstücke, die sie oft kombiniert und collagiert, wichtige Entsprechung für das Forschen im Urgrund. „Unten so wie oben” ist ein Streit zwischen oberem, kopflastigen und unterem, gestolperten Beinteil, dazwischen korrespondiert eine Art Wasserfall aus Tusche im Bauchbereich. Der Titel ist aber auch ein Hinweis auf den geheimnisvollen Satz des Hermes Trismegistos, wichtigsten Gottes für die Alchemisten, auf einem schwarzen Basaltstein in einer ägyptischen Höhle. Seine Bedeutung ist ungeklärt, doch die „Schwarzkunst” kam immer wieder ins Gerede – zuletzt beim Buchdruck in der Renaissance und später der Fotografie. Beide standen im Verdacht mit der unheimlichen Gegenwelt der Mystik, der Ketzerei zu tun zu haben. Galten aber gleichzeitig als technische und damit kunstlose Zerstörer der (Buch-)Malerei.
Mit der Schwarzkunst geht der Glauben an göttliche Anteile im Menschen auf die Künstler über. Ihre Inspirationskraft kam direkt als obere Eingießung (Albrecht Dürer), als göttlicher Funke, aber auch als „Disegno interno” (Federico Zuccari), eine Lichtspur im dunklen Inneren des Kopfes.
Das Material wurde gegenüber diesem hellen Lichtgeist als untere Ebene abgetan, doch das Erdige bleibt entscheidend wie das Schwarz, der Urstoff, die Urmaterie. Nur die wortgläubigen Bildfeinde blieben im Konzept, der Idee verhaftet. In „Isadora” tanzt sich eine erdfarbene Frau in kreidiger Trockenheit aus dem flüssigen Schwarz auf rotbrauner Wiese in den Vordergrund. Die Arme werden ausbalancierend weggestreckt, um den runden Körper in Waage zu halten und nicht umzukippen. Das melancholisch anmutende Gesicht ist noch vom Schwarz umgeben wie mit einer Haube, Mund und Auge vereinen sich zum Ausdruck „spitz” – zwischen provokant und verschlossen, ganz im Gegensatz zur heftigen Bewegung des Körpers. Diese Wesen leben aus ihrer sinnlichen Präsenz, sie haben keine Angst vor einem Absturz wie in „Sturz” und „Vom Fliegen”. Doch auch da ist das Scheitern produktiv.
Schnells Vorgangsweise in bewusster werdenden Phasen passiert mit den jeweilig passenden Techniken: der absichtslose Beginn passiert mit Tusche, flüssig, klecksig, Richtungen gebend. Dann folgen das bewusste Eingreifen und das verzögernde Herausarbeiten, wenn es davor zu langsam geht mit dem Trocknen, setzt die Künstlerin einen warmen Föhnwind ein. Die Gesichter radiert sie heraus (mit Radiergummi nicht in Drucktechnik) und akzentuiert mit trockenen Kreiden. Als letzte Phase wird die parallel einsetzende Ahnung, um wen oder was es sich handelt, in Worte gefasst. Doch nicht immer findet sich ein Titel. Das Bild besteht auch so. Erdfarben bekommen bei Schnell den Vorzug vor Blau, Grün oder Gelb, sie passen mehr zum alten Ritual der Erinnerungsfetzen aus dem Ursächlichen. Aus dem frühen Ritual des Tanzes rettet sie sich das Spielerische, den anarchischen Akzent des „Homo ludens”. Als künstlerisches
Vorbild ist er ein Selbstgenügsamer, dem Drama und der Obsession, die er ab und zu erleidet, abgeneigt, indem er ins scheinbar Harmlose wandelt. Das ist dann ein naher Verwandter des Ironischen, der Grille, den Moriskentänzen der Närrin, die ein weiteres Symbol für ein gestaltendes und erfüllendes Doppelleben abgibt. Kunstland als Ausland des Selbst, in dem sich auch das Fliegen nicht nur als sexuelle Intention orten lässt, denn der kleine „Unfried” wirkt weiblich, ist vielleicht Platons wiedervereintes Androgyn in Bilderschrift.
Dr. Brigitte Borchardt-Birbaumer
Zeichnung
Einführung zur Ausstellung "Alter Ego", Galerie Plank, Wien 1999
...Diese graphische Serie - kleinformatige Zeichnungen weiblicher Akte - sind als Monotypien entstanden. Diese indirekte Zeichentechnik begünstigt das Ausschalten der kontrollierten und oft von formalen Kriterien bestimmten Stricksetzung im üblichen Zeichenprozeß...In der Monotypie wird nun durch die Ausblendung des Zeichengrundes die Wahrnehmung der Künstlerin fast ausschließlich auf sich selbst zurückgeworfen - ein oft überraschend verstörendes Erlebnis, das von Einsamkeit und Zwang zur Kompromisslosigkeit geprägt ist. Dieser kompromisslose Blick auf die Körperlichkeit und Empfindungswelt eröffnet jedoch neue Spielräume der Körperbeschreibung....
Mag. M. C. Holter
Malerei
“Catch the moments as they fly” – International Contemporary Art in the Spirit of Robert Burns
Andrea Schnell´s familiarity with Burns´poems has led her to identify some of the most pertinent aspects of his work in relation to her painting. These include a desire for idependence, liberation and a strong connection to the soil, to nature in all her contradictionary forms – at times fertile and nourishing, at others hostile and barren. Combining colour and form in an intuitive way, Schnell´s painting Schottisch (Scottish) is an emotional rather than a literal landscape. Her Shields are each paired with a Burns poem, by association rather than explanation. They have been created as “a defence against dependency and oppression, against the dogmatism which opposes the sensual joy of life”.
Zeichnung / Malerei
Einführung zur Ausstellung "Malerei-Zeichnung", Galerie Kursalon, Mödling 1993
....wie Andrea Schnell aus figürliche und abstrakten Elementen mit einer sehr überlegten gestischen Kraft - und dies ist kein Widerspruch sondern ein Merkmal von guter Zeichnung - einen Bildraum aufbaut, der Raum schafft für assoziative aber nicht beliebige Beziehungen der Elemente zueinander....
Dr. Peter Zawrel